- Deutscher Titel: Krazy House
- Original-Titel: Krazy House
- Regie: Steffen Haars, Flip van der Kuil
- Land: Niederlande
- Jahr: 2024
- Darsteller:
Nick Frost (Bernie), Alicia Silverstone (Eva), Kevin Connolly (Jesus), Jan Bijvoet (Pjotr), Walt Klink (Adam)
Vorwort
Über einen komplizierteren Umweg, der hier jetzt nicht weiter ausgebreitet werden muss, kam ich doch noch dazu, zum „Crossing Europe“ Festival in Linz zu fahren. Vom 30 Mai bis zum 5. April wurden (bzw. werden, denn während ich dies schreibe, bin ich noch vor Ort) zahlreiche Filme aus dem europäischen Raum gezeigt. Neben den obligatorischen Art-House Werken wusste ich schon von Anfang an, dass ich mich einer Kategorie natürlich besonders widmen musste: Und zwar der mit dem schönen Titel „Nachtsicht“, die, wie man dem Titel entnehmen könnte, sich dem europäischen Genre-Kino verschrieben hat. Jeden Abend wurde (bzw. wird) dort ein Genre-Film präsentiert und es war klar, dass mich diese Titel am meisten interessierten. Neben Gothic-Horror, deutschen Monstern und französischer Postapokalypse gabs auch etwas Niederländisches, das muss ja auch mal sein. Genauer gesagt: KRAZY HOUSE
Inhalt
In Krazy House lebt der streng religiöse Bernie zusammen mit seiner Bilderbuchfamilie. Als sich jedoch russische Handwerker, die er bei sich zu Hause angestellt hat, als gesuchte Kriminelle entpuppen, versinkt die Familienidylle im Chaos. Bernie muss seine Familie retten.
Besprechung:
Nun, die Inhaltsangabe ist diesmal deutlich kürzer, denn während der Sichtung im Kino konnte (und wollte) ich auch keine Notizen machen. Außerdem ist der Film meines Wissens momentan auch noch nicht so zu sehen, sodass ich nun einfach auf eine kurze Inhaltsangabe zurückgegriffen habe. Außerhalb von Festivals (die Premiere hatte er schon Anfang des Jahres auf einem Festival in den Niederlanden) lief er, glaube ich, noch nicht, weswegen ich die Story später jetzt auch nicht mehr genau wiedergeben kann.
Dies sollte aber auch, wenn man sich die Story im Internet kurz durchliest, als absolut obsolet erweisen. Es ist einfach eine niederländische Anarcho-Komödie, ergo: Wer den moralischen Zeigefinger gerne erhebt, sollte das Werk tunlichst vermeiden (was bei einer kurzen Rede vor der Vorführung auch mit einem Augenzwinkern gesagt wurde). Und die Niederländer sind da ja eh schmerzfrei. Ich kenne nun nicht viele Komiker aus dem holländischen Bereich, aber gerade die Kultserie NEW KIDS erlebte auch hierzulande großen Erfolg („So ein Feuerball, Junge!“ – „Entschuldigen Sie das Urinieren, das gehört sich nicht!“). Auch den beiden Verfilmungen konnte ich etwas abgewinnen. Einmal hatten wir 2010 einmal NEW KIDS TURBO und 2011 gleich dann NEW KIDS NITRO, wo es die Jungs aus Maaskantje mit einer Zombie-Apokalypse zutun bekommen. Den Ersten fand ich ganz nett, beim Zweiten ist das aber schon etwas abgefallen.
KRAZY HOUSE hat nun zwar nichts mit New-Kids zu tun, wurde aber auch vom Duo Steffen Haars & und Flip van der Kuil, die sowohl die Serie als auch die Filme der niederländischen Assi-Proleten drehten, produzierten und schrieben. Und das waren (zumindest für mich) durchaus gute Omen.
Und bevor ich mich nun über KRAZY HOUSE auslasse: Ich bin niemand, der bei dieser Art von Humor wählerisch wäre oder es irgendjemandem vorwerfen würde, über noch so assigen Humor zu lachen. Ich glaube, Humor sollte alles dürfen und so bin ich nicht nur Fan von New Kids, sondern z.B auch von „Little Brittain“ usw. Bei schwarzem Humor kann ich schnell unterhalten werden und erwarte, Gott bewahre, auch keine großen Production-Values.
Und auf den ersten Blick sah KRAZY HOUSE doch wirklich vielversprechend aus. Das Szenario ist vielleicht nicht allzu kreativ, aber bietet doch eine gute Basis, um mit Klischees zu spielen, sie zu überspitzen und ein paar Überraschungen zu offenbaren: Man nimmt eine typische Ami Sitcom-Familie und mischt einfach schwarzen, brutalen Humor á la New-Kids bei. Ein paar blutige Effekte, keine Grenzen, einfach 80 Minuten asoziales Herumalbern.
Stattdessen hat mich KRAZY HOUSE vollkommen enttäuscht, ja schlimmer noch. KRAZY HOUSE hat mich wütend gemacht, mich leiden lassen, mir schlimme Qualen beschert. Es war einfach nur grausig.
Wieso?
Nun, erstmal: Die Jungs aus Maaskantje waren irgendwie noch „sympathisch“, irgendwie noch aus sich heraus „lustig“ – bei unserer Sitcom-Familie hier (den „Christians“ – der Film wurde auch komplett auf englisch gedreht) ist das nie der Fall. Weder der Protagonist, der gutgläubige Hardcore Christ und Familienvater Bernie, doch die restlichen Klischee-Figuren (nerdiger Sohn, genervte Tochter etc.) sind in irgendeiner Weise sympathisch oder aus sich heraus wirklich unterhaltsam. Bei Bernie hätte man aufgrund seiner treudoofen Verhaltensweisen noch irgendwie die Möglichkeiten gehabt, ihn sympathisch zu finden, aber weil der Film und seine Gags einfach so verdammt schlecht ist, kommts dazu nie.
Bis zum Auftauchen der Russen passiert eigentlich nichts, es gibt ein paar Episoden, die so typische Sitcom-Situationen aufs Korn nehmen, die aber halt auch einfach nicht lustig sind. Nein, ich lache nicht, wenn Bernie Feuer fängt, weil er die wissenschaftlichen Experimente seines Sohnes wegwerfen will. Oder wenn der Wasserhahn kaputtgeht und deswegen alles nass wird. Oder wenn die Frau dann ausrutscht und mit dem Kopf gegen die Tischkante knallt. Oder wenn Bernie die Treppe runterfällt und das Ganze von den Lachern von der Tonspur begleitet wird (und dieser „Witz“ wird mehrfach wiederholt, Dicke Leute sind eben nicht immer zwangsläufig amüsant).
Das geht knapp das erste drittel so, und diese Passage war zwar nicht amüsant, aber immerhin mit, zugegebenermaßen, ein, zwei winzig kleinen Schmunzlern, gourtierbar.
Danach geht die „Story“, wenn man sie denn so nennen will, in die nächste Phase. Zeitgemäß rücken die Russen an und setzten sich im Wohnsitz der Christians fest, um den dortigen Wasserschaden zu reparieren. Im Grunde sind das dann auch nur Abziehbilder der Masskantje-Jungs, nur in schlecht: Natürlich trinken sie die ganze Zeit Vodka, sehen bescheuert aus, nehmen Drogen und nach und nach wird die gesamte Familie, bis auf Bernie, so „russifiziert“ könnte man sagen. Erstmal muss die Familie für die Russen aber die Wände aufreißen, weil diese dort wohl etwas suchen (auf diesen „Twist“ komme ich am Ende nochmal drauf zu sprechen).
Jedenfalls hatte ich da gehofft, dass der Humor jetzt vielleicht etwas besser wird. Etwas brachialer, etwas böser, als die harmlosen Witzchen zuvor. Aus der jetzigen Situation hätte man viel machen können: Der christliche Familienvater, der seine Familie vor den bösen Russen retten muss.
Stattdessen aber wird es NOCH schlimmer! Ewigkeiten wird es ausgewälzt: Die Russen finden ne Mumie in der Wand (die frühere Frau des russischen Oppas), zwischendurch unterhält sich Bernie mit Jesus, nen Polizist und nem Hund wird der Kopf weggepustet, und die Russen prügeln sich halt. Kein Gag zündet, keine Szene ist lustig, alles ist wirr, billig, komplett einfallslos – wie aus dem Generator für „ach so provozierenden schwarzen Humor“ aus 2015. Aus dem Szenario wird ABSOLUT NICHTS herausgeholt, im Gegenteil: Es ist schmerzhaft unlustig, zumal man alles irgendwo schon mal deutlich besser gesehen hat.
Hätte man das Ganze dann wenigstens schnell und konsequent beendet, meinetwegen mit einer prägnanten Splatter-Einlage abgeschlossen, dann wäre es halb so schlimm gewesen. Es wäre zwar weiterhin eine Enttäuschung gewesen, aber keine sich wie ein Kaugummi ziehende Tortur. Aber Nein: Jedes Mal wenn ich dachte, dass es doch jetzt bitte zu Ende ist, ging es weiter, und weiter, und weiter. Etliche Male war eigentlich schon alles zu Ende „erzählt“, das, was das Szenario bietet (und die Macher imstande waren, dort herauszuholen) ausgeschöpft. Aber jedes Mal geht es krampfhaft weiter. Die Russen wurden schon umgelegt, nein, doch nicht, sie kommen wieder, und zwar zig Mal. Bernie wird ans Kreuz genagelt und ihm platzt endlich die Hutschnur… obwohl, nein, Jesus taucht doch wieder nochmal auf, wobei auch bei diesen Konversationen keinerlei Witze oder so rumkommen. Tausend Mal wird alles wiederholt, nur um einen weiteren, unlustigen, zahnlosen Assi-Kalauer aus der Klischee-Kiste herauszuholen. Am Ende liegt das Sitcom-Studio in Schutt und Asche, und meine Psyche ebenfalls. Als es dann endlich vorbei war, war ich wirklich sehr erleichtert.
Und es ist doch wirklich schade: Man hätte viel draus machen können, und natürlich habe ich auch kein Meisterwerk erwartet, aber doch wenigstens ein bisschen Unterhaltung und keine 85 Minuten (die sich eher wie drei Stunden anfühlen) Genervt-Seins erwartet.
Bevor ich aber wieder ausschließlich rumjammere, sei auch etwas positives gesagt. Das hat der Film nämlich auch, wenn auch nur Optisch. Der Look zu Anfang wirkt wirklich wie eine 90s Sitcom, die einzige Kulisse, das Haus der Christians, schaut ganz nett aus. Auch Handwerklich ist der Film an sich sauber inszeniert, gerade, wenn das 4:3 Bildformat vom Anfang, wenn wir uns noch in der „heilen Welt“ der Sitcom befindet, durch die kurzen Psychosen von Bernie aufgebrochen wird. Auch die paar Splatter-Effekte, die der Film zu bieten hat (sind leider auch viel zu wenige) sind kompetent gewerkelt und ein Effekt kommt dahingehend auch durchaus überraschend.
Darüber hinaus ist Nick Frost als Bernie auch gut besetzt und ich will ihm auch gar nicht absprechen, dass er Spaß beim Dreh gehabt hat. Nur wenn der Zuschauer durch das einfallslose Drehbuch, die unlustigen Witze und einem qualvollen Mischmasch von Ende genervt wird, bringt das halt auch nix. Über den Rest des Ensembles braucht man nicht zu sprechen (zumindest ich nicht).
Fazit:
KRAZY HOUSE war für mich eine derbe Enttäuschung und eine bodenlose Erfahrung. Nichts funktioniert inhaltlich, wie ich oben groß und breit beschrieben habe. Scheint aber nicht allen so zu gehen, denn das Kino hat des Öfteren gelacht. Ich saß nur beschämt da.
Wirklich in das Festival-Programm passen tut das Werk sowieso nicht. Künstlerisch ist er, Gott bewahre, eh nicht, aber das muss er ja auch nicht. Phantastisch, im Sinne, dass er phantastische Elemente hätte, ist er ebenfalls (wenn man Jesus jetzt mal Außen vor lässt) auch nicht wirklich. Im Gegensatz zu den anderen Kandidaten aus „Nachtsicht“ (von denen ich nicht alle sehen konnte, einige hier aber vielleicht noch reviewen will) war dies mit Abstand der Schlechteste.
Nein, da schaue ich lieber nochmal New-Kids, als auch nur einen weiteren Satz an diesen Film zu verschwenden! Nur die Bewertung will noch gerechtfertigt sein… zwei Biere sind meines Erachtens angemessen, drei Bomben mag da nach meiner Review wenig klingen. Aber Humor kann man eben nicht in „schlecht“ oder „gut“ einteilen. Wie gesagt: An sich ist der Film gut gewerkelt, nur der Inhalt gefiel mir persönlich eben gar nicht.
BOMBEN-Skala: 3
BIER-Skala: 2
Review verfasst am: 05.05.2024